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In Deutschland gilt grundsätzlich: Wer als Projektentwickler bauen will und damit Flächen versiegelt, muss für den Eingriff in die Natur naturschutzfachliche Ausgleichsflächen bereitstellen. So schreibt es das Bundes- und auch das bayerische Naturschutzgesetz vor. Die Vorhabensträger sind dabei für die Beschaffung der Flächen und deren dauerhafte Pflege verantwortlich. Seit September 2014 gilt zudem die Bayerische Kompensationsverordnung. Auf deren Grundlage können diese Flächen auch über ein sogenanntes Ökopunkte-System ausgeglichen werden. Ökopunkte stellen dabei eine Art Währung dar, die dem jeweiligen Naturschutz- oder baurechtlichen Eingriff zugeordnet werden. Das Besondere hierbei: Das Ökokonto ermöglicht eine Bevorratung vor Ausgleichsflächen und -maßnahmen. So werden für die Generierung von Ökopunkten Flächen naturschutzfachlich aufgewertet, abhängig von Ausgangszustand und Biotoptyp. Dies erfolgt etwa durch die Pflanzung von Hecken oder Anlegen von Blühstreifen. Im Falle einer Baumaßnahme ist somit eine zeitlich vorgezogene und räumliche Entkopplung zum Ort des baulichen Eingriffs möglich. Das ermöglicht eine flexiblere, kostensenkende Planung und schnellere Verfügbarkeit der benötigten Flächen und Maßnahmen. Da die Maßnahmen zum Beginn des Vorhabens bereits umgesetzt sind, profitiert der Naturschutz durch die schnellere Entwicklung und Vermeidung von Verzögerungen bei der Herstellung von Biotopen. Sollten die Ökopunkte nicht direkt von einem Konto abgebucht werden, erhält man durch die Verzinsung der Punkte zudem einen Bonus.
Auch die Geiger Gruppe ist seit 2021 als gewerblicher Ökokontobetreiber zertifiziert und darf offiziell Handel mit Ökopunkten betreiben. Gesammelt und eingesetzt werden die Ökopunkte dabei für eigene, aber auch für fremde Projekte. „Richtig angewendet kann das Ökokonto eine echte Chance sein, denn ökologisch hochwertige Flächen werden dort geschaffen, wo sie wirklich sinnvoll sind, etwa durch den Verbund und die Erweiterung von bestehenden Biotopen“, erklärt Sandra Schmid, die bei Geiger in der Abteilung Flächen- und Liegenschaftsmanagement für die Themen Ökopunkte, Tausch- und Ausgleichsflächen zuständig ist. Für die gelernte Geographin hat das System gleich mehrere Pluspunkte: „Zum einen erzielen wir einen naturschutzfachlich hochqualitativen Ausgleich mit durchdachten, langfristigen Pflegekonzepten. Zum anderen ist die Bewirtschaftung und Pflege der Maßnahme für mindestens 25 Jahre gesichert und der Ausgleich erfolgt dort, wo es örtlich sinnvoll ist. Dadurch wird gewährleistet, dass die Ökokonten nicht in Konkurrenz zu landwirtschaftlich ertragreichen Flächen treten.“ Ein weiterer Vorteil ist laut Schmid, dass der gesamte Ausgleich nicht zwangsläufig auf der zu bebauenden Fläche stattfinden muss. Für Projekte bedeutet das eine effizientere Flächennutzung.
Rekultivierte Rohstoffgewinnungsflächen
Verantwortung für die Umwelt zu übernehmen, gilt bei Geiger seit jeher als fester Bestandteil der Unternehmensphilosophie. Das Unternehmen ist nicht nur im Bausektor, sondern auch im Umweltbereich tätig und sieht das Ökopunkte-System deshalb als eine sinnvolle Chance. „Wir können der Natur durch gezielte Maßnahmen wieder etwas zurückgeben und darüber hinaus sogar zum Erhalt der Artenvielfalt beitragen. Gerade auf rekultivierten Rohstoffgewinnungsflächen leben oftmals zahlreiche gefährdete Tierarten, wie zum Beispiel Kreuzkröten, Gelbbauchunken, Uferschwalben oder verschiedene Wildbienen, die auf Rohbodenflächen und Sekundärbiotope angewiesen sind, da ihre natürlichen Lebensräume, die naturnahen Wildflussauen, immer seltener werden“, begründet Sandra Schmid.
Ein Beispiel für einen solchen Ersatzlebensraum ist eine Ausgleichsfläche nahe der Gemeinde Grünenbach im Westallgäu. Auf dieser Fläche wurde früher Kies abgebaut, später wurde die Kiesgrube in Teilen wiederverfüllt und landwirtschaftlich als Grünland rekultiviert. Heute weiden an der gleichen Stelle Ziegen und in den angelegten Gewässern tummeln sich zahlreiche Amphibien- und Insektenarten. Die Ausgleichsfläche, die 2017 als Ökokonto anerkannt wurde und ein wertvolles Sekundärbiotop darstellt, bietet darüber hinaus seltenen Pionierarten wie der Gelbbauchunke und Kreuzkröte einen wertvollen Lebensraum.
Eine andere Kiesgrube bei Ebratshofen im Landkreis Lindau, wurde größtenteils nicht wiederverfüllt und über mehrere Jahre hinweg sich selbst überlassen. Die Sukzessionsfläche ist vor allem wegen ihres Strukturreichtums ein attraktiver Lebensraum für seltene Arten. Künftig soll auch sie als Ökokonto genutzt werden und die Ansiedelung von Laubfrosch, Kammmolch, Kreuzkröte und Zauneidechse begünstigen.
„Unser Anspruch ist es, mehr zu bieten als einen hochwertigen Ausgleich mit ganzheitlichem Ansatz. Mit speziellen Artenschutzmaßnahmen, die zusätzlich zu den Pflegemaßnahmen erfolgen, wollen wir einen besonderen Strukturreichtum auf unseren Flächen schaffen. Dies kann beispielsweise die Anbringung von Nistkästen oder die Anlage eines Zauneidechsen-Habitats sein, wie es für ein Ökokonto in der Gemeinde Waltenhofen geplant ist“, erläutert Schmid. Das seit 2020 existierende Ökokonto bei Waltenhofen bietet neben einem flachen Gewässer, artenreichen Hecken und Wiesen auch Schotterflächen und Totholzstrukturen als Lebensräume, die hier speziell die Zauneidechse als Zielart fördern sollen. Mit einem langfristig angesetzten Monitoring wird zudem für eine optimale Entwicklung der Biotope gesorgt. Auch hier arbeitet Geiger eng mit lokalen Akteuren, wie zum Beispiel Landwirten, Biologen und Landschaftspflegeverbänden zusammen.